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AutorenbildMoritz wörner

Meine erste Kunstausstellung

Noch zwei Tage bis zur Ausstellung: Ich liege mit Corona im Bett, mein Ausstellungsprojekt funktioniert nicht und der Veranstaltungsort sieht aus, als würden dort Obdachlose wohnen.


Kunst-Basar erste Ausstellung
Kunst-Basar erste Ausstellung

Aber starten wir von vorne. Es ist Herbst, wir sind in Kolles Werkstatt und trinken Bier. Vor kurzem ist er verantwortlich für die Werkstatt und ist immerzu damit beschäftigt, Pläne für diesen kleinen Raum im Stuttgarter Westen zu schmieden.


Auf unseren alten Stühlen sitzen wir dort trinkend und rauchend und stellen uns vor, was hier einmal entstehen kann. Kolle fragt in die Runde, was wir uns vorstellen und ohne mir wirklich Gedanken darüber zu machen, sage ich: "Eine Kunstausstellung!"

Während ich mir noch darüber nachdenke, ob das tatsächlich eine gute Idee ist wurde sie schon gefeiert und mir wurde klar, dass ich da jetzt so schnell nicht mehr herauskomme. Jetzt hab ich de Kiddel drin!


Ich habe gelernt, dass wenn man Angst vorm Scheitern hat, man am besten direkt ein Datum vereinbart, wann man scheitern könnte und unser Datum war der 09.12.2023. Um mir selbst noch jegliche Ausweichmöglichkeit zu nehmen, log ich mich in mein Instagram, such mir ein passendes Bild aus und bastel daraus eine Einladung, welche einmal durch all meine Kontakte und jegliche Gruppen geschickt wird. Jetzt gibt es kein Weg zurück und ich bin froh, dass ich mir darüber keine Gedanken mehr machen muss.



Das Datum stand und die Menschen wissen Bescheid, jetzt muss nur noch alles andere getan werden. Was eine ganze Menge für 4 Wochen ist. Trotz des Zeitdrucks kam ich nicht wirklich voran, ich wusste einfach nicht wo ich anfangen sollte. Also verstrichen so langsam die Tage, ohne dass wirklich was passiert.


Drei Wochen vor Ausstellung bin ich im Auto unterwegs, als mein Handy klingelt, Thomas ist dran, er erzählt mir, dass gerade Kolle gerade dabei ist die Werkstatt zu renovieren und angefangen hat die Wände einzureisen. Ich dachte, ich höre nicht richtig und die Fantasie, dass die ganze Angelegenheit doch nicht eine riesige Blamage wird, schwindet.

Aber wie schon gesagt, ich hatte den Kiddel drin und muss schauen, wie das ganze doch noch zum Erfolg führt. Also fahre ich hin und aus Überzeugung "jetzt erst recht" und vielleicht ist die Wand hinter dem Holz ja doch nicht so kacke, helfe ich noch die Holzverschalung von der Wand zu reißen.


Als wir nach 2 Stunden Gewaltakt dann vor der alten stinkenden Isolierung standen, hatte ich zwei Gedanken im Kopf.


1. Scheiße wie geil!

2. Scheiße, was haben wir getan?!



Vor ein paar Wochen habe ich in meiner Abstellkammer eine alte elektrische Brotschneidemaschine gefunden und versucht aus dieser eine Art Gondel für meine Bilder zu bauen. Natürlich war die Maschine viel zu schnell und meine Bilder würden wild durch die Gegend fliegen. Also zerschnitt ich ein Laptop-Netzteil und bastelte es an die Schneidemaschine. Zusammen mit meinem Bruder bastelten wir dann aus einer Bierdose die Umlenkrolle, welche von einem langen Stab gespannt wird. Aber seht selbst. Das Grundgerüst stand also, nun muss noch alles drumherum entstehen. Da mein Laptop-Netzteil sehr schwach war, bewegte sich alles, was an der Schnur hing nur sehr langsam, was mich auf die Idee brachte Wolken daran zu hängen und vor einer Stadt zu bewegen. So der Plan, die Realität sah allerdings anders aus. Ständig stürzten meine kleinen Wölkchen ab, die Schnur verhedderte sich im Antrieb und war außerdem so langsam, dass es eine halbe Ewigkeit dauerte, bis meine Papierwolke eine Runde gedreht hatte. Aber wenn es mal funktioniert hatte, dann war es schon fast hypnotisierend dieses komische Konstrukt zu beobachten. Im Endeffekt saßen wir genauso lange vor diesem Teil und haben es beobachtet, wie es gebaut. Das gab mir ein gutes Gefühl für die Ausstellung.





Während mein Ausstellungsstück Gestalt annimmt. Tut sich auch so einiges nebenher. So habe ich aus purer Überschätzung viel zu viel Plakate bestellt, welche ich in der Nähe des Ausstellungsortes aufhängen wollte. Zudem bekam ich immer mehr konkrete Zusagen meiner Künstlerfreunde. Diese Zusagen machten mich einerseits ziemlich glücklich, andererseits brachte mich das ganze auch etwas ins Schwitzen, da sie noch immer keine Ahnung hatten, wie die Bude eigentlich aussieht, wo sie ihre Werke aufhängen sollen.


Höchste Zeit, daran was zu ändern! Also schickte ich folgende Nachricht in den Gruppenchat und hoffte, dass ich nicht gleich der Einzige in dieser Gruppe sein werde.


Kunst-Basar Gruppenchat
Kunst-Basar Gruppenchat


Doch meine Ängste waren vollkommen unbegründet. Niemand hat auch nur ein Wort über die Räumlichkeiten verloren. Was für mich einerseits ziemlich beruhigend, aber auch nicht beflügelt hat, da jegliche Reaktion ausblieb.


So brachten sich nach und nach jegliche Leute ein und boten ihre Hilfe an. Jeder brachte gute Ideen und Talente ein, oder bremsten mich, wenn ich mich in etwas verrannt hatte.


So verstrichen langsam aber sicher die Wochen und nun war es nur noch 7-Tage bis zur Ausstellung. Zu diesem Zeitpunkt war ich, mit meinem Ausstellungsstück, nicht wirklich viel weiter gekommen und außerdem entwickelte sich in meinem Hals ein leichtes Kratzen und die Angst, dass ich jetzt doch alles wegen Krankheit abblasen muss. Aber noch sind ja 7 Tage Zeit.


Mit leicht laufender Nase machten sich dann Paul, Luisa und ich mich auf den Weg den Schuppen mal etwas hübsch zu machen und Plakate in der Stadt aufzuhängen. So schleppten wir Stunden ekelhaft stinkende und giftige Mineralwolle in den Keller und kehrten den Laden einmal durch. Als das Loch einigermaßen in Ordnung aussah, machten wir uns auf etwas zu essen und während wir so unsere Frühlingsrollen naschen, sehe ich den perfekten Platz für das Ausstellungsplakat. So fragte ich nach dem Bezahlen die Frau an der Bar, ob ich denn da im Schaufenster unter ihrer Karte mein Plakat aufhängen darf. Sie verstand mich nicht richtig und fragte nur "Werbung, Werbung?" Ich sage ja und sie zeigt nur auf einen Kippenautomaten. Etwas ungeschickt hol’ ich mein Tesafilm raus und versuche es an den Ecken festzumachen. Ich komme mir etwas blöd vor, ich hatte das Gefühl das ganze Lokal sieht mich an, wie ich versuche den Tesa auf die Ecken des Plakats zu bekommen. Gleichzeitig bin ich auch ziemlich glücklich. Ich bin dabei, das erste Plakat für meine erste Kunstausstellung aufzuhängen und das auf einem Kippenautomaten in einem asiatischen Restaurant, besser gehts nicht!



Erstes Plakat Kunst-Basar Ausstellung
Erstes Plakat Kunst-Basar Ausstellung

Wie es nicht anders kommen konnte, lag ich zwei Tage später mit einem positiven Coronatest im Bett. Um den Gedanken zu verdrängen, dass Corona alles zunichtemacht, arbeitete ich weiter an meinem Projekt. Diese Krankheit kam mir im Nachhinein vielleicht sogar entgegen, denn ich schloss mich zu Hause ein und arbeitete jede freie Minute an meinem Projekt, während ich neben einem Berg von vollgerotzten Taschentüchern saß.


Egal, wie viel Zeit ich in mein Werk investierte, ich war nicht zufrieden und stellte mir die Frage, ob ich mich im Kreis drehe. Diese Gedanken wurden immer stärker, je näher der Ausstellungstag rückte. Zwei Tage vor der Ausstellung war mein Coronatest immer noch positiv, und mein Ausstellungsstück ließ auch noch zu wünschen übrig. Ich hatte den Überblick verloren, wer ausstellen würde und ob wir genug Werke hatten, um die Wände zu füllen. Ich hatte mein Handy schon in der Hand, konnte aber nicht die Absage aussprechen. Stattdessen machte ich einfach weiter.


Ich gab mir noch einen Tag Zeit, um mein Projekt abzuschließen, bevor ich mich um die Ausstellung kümmerte. Morgens ging ich zu meinem Vater, der mir bei der Übersetzung des Antriebs helfen wollte. Mein Vater ist Maschinenbauer und drehte mir innerhalb einer Stunde die perfekte Walze für meinen Antrieb. Jetzt kann mit meinen Wolken nichts mehr schiefgehen.



Am Abend ließ ich gegen 23 Uhr alles stehen und liegen, setzte mich vor mein Projekt und betrachtete, was ich geschaffen hatte. Ich saß auf dem Boden und musste lachen. Ich war sehr zufrieden und hatte das Gefühl, dass sich die ganze Arbeit und der Stress gelohnt hatten.


Kunst-Basar Testlauf
Kunst-Basar Testlauf

Es ist der 08.12, noch ein Tag bis zur Ausstellung. Zeit, um all meine Sachen zu packen und nach Stuttgart zu fahren. So stopfte ich mein Auto bis unters Dach voll mit allem was man als Kunst bezeichnen konnte und schickte nochmal meine letzte Werbung in das Instagram-Universum.




Kurz darauf, stoppte ich im Baumarkt und kaufte Unmengen an hässlicher schwarzer Plastikfolie, mit welcher ich die noch hässlichere Wände abhängen will.


So verbrachten wir den kompletten restlichen Tag den Raum mit Folie abzuhängen und mein Ausstellungsstück aufzubauen. Während das passierte, kam Julian Tabler und Miri zu und hängen die ersten Bilder an diese schäbigen Wände. So arbeiteten wir die halbe Nacht und gegen Mitternacht stand dann auch mein Projekt und ich kuschelte mich mit einem Grinsen in meinem Schlafsack auf den Boden vor meinem Kunstwerk.




Am Tag der Ausstellung waren wir den ganzen Tag damit beschäftigt, den Raum noch schönzumachen und die Kunstwerke der anderen Künstler/innen aufzuhängen.

Und was soll ich sagen, das Ergebnis kann sich sehen lassen und die auch die Besucher auch!


Die Besucher trudelten so nach und nach ein und der Raum füllte sich mit Menschen, welche alle hin und her laufen, sich unterhalten, Kunst ansehen und eine gute Zeit haben. Aber macht euch selbst ein Bild :)



Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass mir dieser Tag (spätestens nach diesem Blogeintrag) für immer in Erinnerung bleiben wird. Ich habe gelernt, dass man sich eigentlich gar nicht so viel Gedanken machen muss, sondern einfach nur weiter machen, auch wenn es zunächst so aussieht als wäre etwas zum Scheitern verurteilt.

Ich möchte mich bei meiner Familie und meinen Freunden ganz herzlich bedanken. Keiner von euch hat auch nur eine Minute nachgedacht und mich unterstützt, wo es auch nur geht.


Außerdem ein herzliches Dankeschön an meine Künstlerfreunde/innen. Danke, dass ihr euch auf diese verrückte Idee eingelassen habt und mit euren Werken erst diese wundervolle Ausstellung entstehen lassen habt.


Im folgenden hier noch die Profile unserer Künstler/innen, welche auf der Ausstellung vertreten waren.


@asthon

Björn Asthon
Björn Asthon

Fotos von: @juliantabler

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